Rechtliche Rahmenbedingungen in Brasilien

Brasilien verfügt über ein modernes und ausgefeiltes Rechtssystem, das seinen Ursprung weitgehend im römischen Recht hat. Für das im Jahre 2002 grundlegend neu gefasste brasilianische Zivilgesetzbuch stand das deutsche BGB Pate. Alle durch Gesetzgeber, Justiz und Verwaltung veranlassten Rechtshandlungen werden an den Vorgaben der modernen brasilianischen Verfassung aus dem Jahre 1988 gemessen und müssen vor dieser Bestand haben.

Brasilianisches Gesellschaftsrecht

Das brasilianische Gesellschaftsrecht sieht im Wesentlichen alle in Deutschland bekannten Unternehmensformen vor. Eine Ausnahme bildet die in Brasilien nicht vorgesehene GmbH & Co.KG. Die in der Praxis besonders relevante und mit der deutschen GmbH vergleichbare "Limitada" kann relativ schnell und unkompliziert gegründet werden. Unter dem nachfolgenden Link finden Sie einen Überblick zu dem Thema Firmengründung in Brasilien. (Überblick als PDF)

Brasilianisches Steuerrecht

Brasilien verfügt über ein komplexes Steuersystem mit Bundes- Landes- und Gemeindesteuern. Eine wichtige Rolle spielen insbesondere die vielen indirekten Steuern. Zwischen Brasilien und Deutschland gab es noch bis zum 31. Dezember 2005 ein Doppelbesteuerungsabkommen, welches mit Wirkung zum 1. Januar 2006 von deutscher Seite gekündigt wurde. Unter dem nachfolgenden Link finden Sie eine Zusammenstellung der wichtigsten Steuerarten des brasilianischen Steuerrechts. (Überblick als PDF)

Arbeitsrecht

Das brasilianische Arbeitsrecht ist umfassend gesetzlich geregelt. Maßgebliche gesetzliche Grundlagen sind das Arbeitsgesetzbuch (CLT) sowie die per November 2017 in Kraft getretene umfassende Arbeitsrechtsreform. Diese hat zu einer Flexibilisierung des Arbeitsrechts sowie zu zahlreichen Erleichterungen für die Arbeitgeberseite geführt. (Überblick als PDF)

Zentralbank und Außenhandel

Der internationale Zahlungsverkehr von und nach Brasilien unterliegt der Kontrolle durch die brasilianische Zentralbank. Diese hat im Zusammenarbeit mit dem brasilianischen Fiskus ein ausgeklügeltes elektronisches Registrierungssystem ("SISBACEN") entwickelt, welches eine Registrierungspflicht für Zahlungen im Zusammenhang mit ausländischen Direktinvestitionen (Bar- und Sacheinlagen), Auslandsdarlehen, Kapitalrückführung, Gewinnausschüttung etc. vorsieht. Für Transaktionen aus dem Bereich des internationalen Handels (Import/Export) wurde ein weiteres Online-Registrierungsverfahren ("SISCOMEX") geschaffen, welches per 31. März 2008 mittels Einführung des Landungsanmeldeverfahrens „SISCARGA“ erweitert wurde. Die genannten Registrierungssysteme gehören im internationalen Vergleich zu den modernsten ihrer Art und haben seit ihrer Einführung zu einer erheblichen Entbürokratisierung beigetragen. Den Anwendern, das sind in erster Linie die brasilianischen Gesellschaften mit ausländischem Kapital sowie die brasilianischen Im- und Exportfirmen, wird hierdurch die Durchführung von Auslandskapital- und Außenhandelsoperationen erheblich erleichtert. Gleichzeitig garantiert die informatisierte Datenerfassung eine umfassende Kontrolle durch Zentralbank, Bundesfiskus und Außenhandelsbehörde, was im Falle nicht frist- und formgerechter Registrierungen zur Verhängung empfindlicher Strafgelder führen kann.

Zahlungsverkehr

Zahlungen im Bereich des internationalen Handels und Zahlungsverkehrs mit Brasilien sind grundsätzlich mittels Abschlusses von Devisenwechselverträgen zu leisten. Seit März 2005 gibt es ein einheitliches Wechselkurssystem, unter vollständiger Aufgabe der bis dahin vorgeschriebenen unterschiedlichen Wechselkurse ("câmbio de taxas livres" / "câmbio de taxas flutuantes"). Diese wichtige und weit reichende Neuerung führte zur Anwendung eines einzigen Wechselkurssystems für sämtliche Operationen des internationalen Zahlungsverkehrs mit Brasilien. Aufgrund der erfolgten Liberalisierung des Zahlungsverkehrs dürfen natürliche und juristische Personen heute praktisch ohne Einschränkung und ohne vorherige Zustimmung der brasilianischen Zentralbank internationale Zahlungen veranlassen und empfangen, Legalität der Transaktion und deren wirtschaftlicher Zweck vorausgesetzt. Die Neuregelung der Devisenwechselnormen führte auch zu einer erheblichen Erleichterung brasilianischer Investitionen im Ausland. Brasilianische natürliche und juristische Personen können heute grundsätzlich ohne Wertbegrenzung Geld ins Ausland transferieren, sei es als Direktinvestition, Schaffung verfügbarer Mittel, Kapitalanlage, Darlehenserteilung etc., sowie im Ausland Bankkonten einrichten und unterhalten. Dies fördert den ansteigenden Trend zu Direktinvestitionen brasilianischer Firmen im Ausland, speziell Europa, was sicherlich auch für deutsche potenzielle Kooperationspartner von großem Interesse sein kann.

Technologietransfer

Lizenz- oder technische Dienstleistungsverträge, die einen Technologietransfer nach Brasilien beinhalten, sind beim brasilianischen Bundesamt für gewerbliches Eigentum ("INPI") und der Zentralbank zu registrieren. Dienstleistungen ohne Technologietransfer sind nicht registrierungsfähig. Brasilianische Banken führen Zahlungen von Royalties ins Ausland nur dann aus, wenn vorher die in Brasilien erhobenen Quellensteuer und gegebenenfalls auch die Zusatzabgabe "CIDE" abgeführt wurden.

Handelsvertreter/Distributor

Das Verhältnis zwischen Unternehmen und brasilianischem Handelsvertreter ist im Rahmen eines eigenen Handelsvertretergesetzes im Detail geregelt. Dieses Spezialgesetz stellt maßgeblich auf den Schutz des vermeintlich schwächeren Handelsvertreters ab, so dass der schriftlich abzufassende Handelsvertretervertrag unbedingt die gesetzlich normierten Vorgaben berücksichtigen sollte, von denen zu Lasten des Handelsvertreters nicht abgewichen werden darf. Von der Verwendung von Musterverträgen ist deshalb generell abzuraten. Letzteres gilt auch für Distributionsverträge. Im Allgemeinen gilt aufgrund des komplexen brasilianischen Rechts- und Steuersystems, dass bereits im Vorfeld jeder geplanten Transaktion auf die Einholung fachkundiger Beratung nicht verzichtet werden sollte.